Dass die englische Sprache ja selbst Sammelbecken für viele ‚intruder‘*) war und es weiterhin in verstärktem Maße ist, möchte ich mit einer kleinen Grafik veranschaulichen, die ich in einem gymnasialen Englischlehrbuch für die Klasse 9 (nicht mehr am Markt) entworfen habe.
Grafik: THE ENGLISH LANGUAGE STREAM
Bei jedem Zufluss zum Language Stream kann man Dutzende weitere Beispiele einbringen und damit ganze Listen oder Kataloge anlegen.
Es kommt noch hinzu, dass sich das ja alles jenseits des Atlantiks weiter entwickelt hat [Baas > Boss; Thaler > Dollar; Kind > Kid] und dass nunmehr auch von Down Under aus weitere entsprechende Entwicklungen im pazifischen Raum stattfinden. So wurden z.B. von Australien ausgehend viele neue lexical items wie z.B. neck oil > Bier; tucker > Proviant; bushie > Person, die im Busch lebt und arbeitet; station > große Farm; outback > Hinterland u.v.a.m. geprägt.
Will man geeignete Literatur zu dieser Gesamtthematik beisteuern, so muss man mit David Crystal beginnen, nämlich mit The Cambridge Encyclopedia of the English Language oder mit Words Words Words. Aber auch Robert McCrum ist zu nennen mit Globish und schließlich auch Bill Bryson mit Mother Tongue.
Gastbeitrag von Helmut Reisener
*) vgl. „German intruding into English“ von John Manning (in AngliLupe+)
Mit dem weltweiten Austausch von Personen, Waren, Dienstleistungen, Informationen, Kultur, Technologien und sonstigen materiellen wie immateriellen Gütern vollzieht sich auch immer ein sprachlicher Austausch. Umsomehr es sich bei einer Sprache um eine Weltverkehrssprache handelt, nimmt diese natürlich durch die Sprechenden auch regionale Begriffe und sprachliche Besonderheiten auf und transportiert diese ans jeweils andere Ende der Welt. So wie die frühen Entdecker und Eroberer von unbekannten Gestaden unbekannte exotische Gewürze und Nahrungsmittel von ihren Reisen und Feldzügen mit nach Hause brachten, fungiert die Sprache bis heute als Mittel der Kommunikation und somit als Informationsträger, Kultur- und Technologievermittler. Neue Technologietrends spiegeln sich in neuen Sprachtrends wider.
Allerdings sehe ich einen Unterschied, ob Australier, Inder, Iren, US-Amerikaner oder andere anglophone Landsmannschaften ihre regionalen Sprachbesonderheiten ins Englische „einpflegen“, oder ob englische „Spracheindringlinge“ Eingang ins Französische, Deutsche oder Spanische finden. Da Sprache auch immer ein Bestandteil und eine verbale Form der nationalen Kultur ist, sind die Auswirkungen des aktuellen „Denglisch“-Trends massiver als im umgekehrten Fall. Diese Form der sukzessiven, lebendigen, sich selbst verändernden und selbstregulierenden Sprachglobalisierung und Sprachanpassung hat jedenfalls mehr Aussicht auf einen nachhaltigen Erfolg als der misslungene Versuch, mit Esperanto eine einheitliche Kunstsprache als Welthilfssprache etablieren zu wollen. Sprache ist lebendig und keine Einbahnstraße. Versuche oder gar Gesetze zur sprachlichen Abschottung und „Reinhaltung“ sind im Zeitalter der Globalisierung und des Internets zum Scheitern verurteilt.
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